CRONNECT MAGAZIN · 06/2015
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nicht stark genug, um eine nachhal-
tige Belebung des kroatischen Ar-
beitsmarktes herbeizuführen. Alle-
rdings führen die traditionell engen
wirtschaftlichen Beziehungen zum
deutschsprachigen Raum und die
vielen deutschsprachigen Touristen
dazu, dass viele Kroaten gut Deutsch
sprechen und zudem eine gute Aus-
bildung haben. So ist es nahelieg-
end, dass viele Kroaten ihr Glück
in Deutschland suchen. Burghardt
bilanzierte: „ Gerade in der Rhe-
in-Main-Region finden beide Seiten
besonders gut zusammen - aktuell
leben beispielsweise 1.645 Kroaten
in Mainz.“
Anja Obermann, Hauptgeschäfts-
führerin der Handwerkskammer
Rheinhessen, sagte: „Mit dem We-
gfall der Übergangsregelungen der
Arbeitnehmerfreizügigkeit
benö-
tigen kroatische EU-Bürger nun
keine Arbeitserlaubnis mehr, um
in Deutschland tätig zu werden.
Auch in Kroatien ansässige Firmen,
die im Baugewerbe, in der Gebäu-
dereinigung oder Innendekoration
tätig sind, dürfen nun unbeschränkt
Arbeitskräfte nach Rheinhessen
entsenden. Die Entscheidung der
Bundesregierung, diese Übergangs-
regelungen und Beschränkungen
bewusst nicht zu verlängern, zeigt,
wie sehr kroatische Staatsbürger
hierzulande integriert sind und vor
allem dort arbeiten, wo zunehmend
-auch unseren Handwerksbetrieben
- Arbeitskräfte fehlen, im verarbeit-
enden und im Baugewerbe sowie im
Gesundheits- und Sozialwesen.“
Auch Alois Kovač von der Offenbach-
er Kanzlei Kovač stellte die guten
Chancen für deutsche Unternehmen
auf der Suche nach Fachkräften her-
aus: „Kroatische Fachkräfte zeich-
nen sich durch ein hohes Maß an
Motivation und Eigeninitiative aus.
Sie verfügen über Fachkenntnisse,
die sie auf dem deutschen und eu-
ropäischen Markt wettbewerbsfähig
machen. Die Hürden für ihre Einstel-
lung sind leicht zu überwinden.“
Mario Šušak, Präsident der Kro-
atischen Wirtschaftsvereinigung,
führte aus, dass generell das Le-
rnen von Fremdsprachen einen
hohen Stellenwert in kroatischen
Schulen habe: „43 Prozent der Bev-
ölkerung spricht Englisch, rund 30
Prozent spricht Deutsch. Dies ist
ein wesentlich höherer Teil als in
anderen EU-Ländern und macht
kroatische Fachkräfte zu einer sehr
nachgefragten Zielgruppe.“ Außer-
dem informierte Šušak über die
Möglichkeit, Praktika für kroatische
Auszubildende zu organisieren, gle-
ichzeitig können Arbeitgeber ihren
Azubis auch Praktikumsplätze in
Kroatien anbieten. Die Wirtschafts-
vereinigung helfe den jungen
Menschen sowie den Arbeitgebern
bei den Bewerbungen, den Arbeit-
sverträgen und sonstigen Belangen.
Kroatien könne auch als „Hub“ – ein
Knotenpunkt der Transportwege,
aber auch der Informationstechnik –
genutzt werden, was sich besonders
für Logistikunternehmen auszahle.
In vielen Fällen lohne es sich, die
Produktion sogar nach Kroatien zu
verlagern und so die gut ausgebil-
deten Arbeitskräfte vor Ort in An-
spruch zu nehmen.