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CRONNECT MAGAZIN · 02/2016

Franken (CHF) waren hierfür überaus

geeignet. Einerseits lag das Zinsniv-

eau in der Schweiz noch deutlich

unter dem in der Euro-Zone und an-

dererseits war der Währungsmarkt

zwischen dem CHF und dem Euro

so liquide, dass sich Banken, die

zumeist aus der Euro-Zone stam-

mten, zu geringen Kosten gegen

Währungsrisiken absichern konnt-

en. Hinzu kam, dass höhere Auss-

chläge des CHF gegenüber dem Euro,

und somit auch gegenüber anderen

Währungen, die mehr oder weni-

ger an den Euro gebunden waren,

aufgrund der Rolle der Schweiz als

sicherer Hafen für internationales

Finanzkapital und die zugleich aus-

geprägte Exportwirtschaft nicht sehr

wahrscheinlich war.

Die Kunden hingegen waren zu-

meist Privathaushalte in Ost- und

Mitteleuropa, die sich einen Kredit

in heimischer Währung nicht leisten

konnten. Nach Schätzungen war-

en in Kroatien 60.000, in Österreich

270.000 und in Polen ca. 500.000 Pri-

vathaushalte betroffen. Hinzu kamen

bereits hoch verschuldete Kommunen

in Deutschland und Österreich, die

sich eine Verringerung ihrer Zinslast

erhofften. So wandelte z.B. die Stadt

Wien mehr als ein Drittel ihrer

Kreditlast in CHF um. Addiert man

die Schätzungen über ausgegebene

Kredite in CHF in Ost- und Mitteleu-

ropa, kommt man auf eine dreistellige

Milliardensumme in Euro, die vor al-

lem von deutschen, österreichischen

und italienischen Kreditinstituten

platziert wurden. Die Risiken für die

Kreditnehmer waren offensichtlich.

Sie trugen das Risiko einer Aufw-

ertung des CHF gegenüber der hei-

mischen Währung und eines Anstiegs

des Zinsniveaus, insbesondere weil

die Zinsbindungsfristen für Kredite in

CHF üblicherweise sehr kurz waren.

Wie es endete

Dass es sich bei dem Wechselkursri-

siko nicht um ein theoretisches han-

delte, machte die im Jahre 2008 aus-

gebrochene Weltwirtschaftskrise bald

deutlich. Bewegte sich der Preis für

einen Euro in den Jahren davor sta-

bil im Korridor zwischen 1,50 CHF und

1,70 CHF, fiel der Euro danach stetig,

um imJahr 2011 kurz vor der Parität zu

stehen. Nach Interventionen der Sch-

weizerischen Nationalbank konnte

der Euro in den folgenden 4 Jahren

über 1,20 CHF gehalten werden. Selbst

dieser Zustand bedeutete aber für

die Kreditnehmer teilweise eine Er-

höhung ihrer Kreditbelastung fast

um das Doppelte. Am 15. Januar 2015

brachen dann alle Dämme. Die Sch-

weizerische Notenbank gab dem

Druck des Marktes nach und den

Wechselkurs des Franken frei. In-

nerhalb kürzester Zeit stieg der Kurs

des Franken gegenüber dem Euro auf

ein Verhältnis von 1:1. Die Belastun-

gen der Kreditnehmer stellten mit-

tlerweile ein soziales und politisches

Problem in den betroffenen Ländern

dar. Am schnellsten reagierte die

ungarische Regierung, die bereits

im Jahr 2011 die Anzahl der jährlich

zulässigen Zwangsversteigerungen

auf 3% der betroffenen Wohnungen

beschränkte und den Wechselkurs

zum Forint fixierte. Im Jahre 2014

wurde eine Zwangsumwandlung der

Frankenkredite in Forint beschlos-

sen, wobei in Verhandlungen mit den

betroffenen Banken eine Teilung der

entstandenen Verluste zwischen den

Banken und dem Staat erwirkt wurde.

Somit konnte der Schuldenstand pri-

vater Haushalte von einem Höchst-

wert von ca. 40% des Bruttoinland-

sprodukts (BIP) auf deutlich unter 30%

des BIP gedrückt werden. In Kroatien

reagierte man im Herbst 2015, wobei

schließlich eine Zwangsumwand-

lung der CHF-Kredite in Euro-Kredite

und eine Umrechnung zum bei Ver-

tragsabschluss gültigen Wechselkurs

beschlossen wurde. Die entstandenen

Verluste, die auf knapp über 1 Mil-

liarde Euro geschätzt werden, sollen

hierbei die beteiligten Banken alleine

tragen. Trotzdem liegt der Schulden-

stand privater Haushalte weiter über

40% des BIP, wobei die Maßnahmen

an der Struktur der Verschuldung (ca.

72% Fremdwährungskredite) durch

MITTE DER 2000-ER

JAHRE SAH DIE

WIRTSCHAFT IN

EUROPA NOCH

ROSIGEN

ZEITEN ENTGEGEN.

Die Zinsen für Konsumkredite

z.B. in Kroatien schwankten

in den 2000-er Jahren

zwischen 12% und 20%.

R

WAS IST

RECHTENS?

W

Kroatien sieht sich mehreren Klagen

ausgesetzt, die das kroatische

Verfassungsgericht und europäische

Gerichte in den nächsten Jahren

beschäftigen werden.