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CRONNECT MAGAZIN · 04/2016
entwickelte
Volkswirtschaft
wie Japan durchaus auch
längerfristig tragfähig sein.
Kroatiens Schuldenlast hat
sich z.B. zwischen den Jahren
2005 und 2015 von 39% auf 87%
des BIP mehr als verdoppelt.
Hierbei ist allerdings schon
berücksichtigt, dass aufgrund
der Anpassung an europäische
statistische Vorgaben viele
Schattenhaushalte, Garantien
und auf andere Weise kreativ
versteckte Schulden mittler-
weile in den Schuldenstand in-
tegriert wurden. Interessanter
ist es aber sich anzuschauen
welcher Anteil der staatlichen
Einnahmen für die Deckung
der laufenden Zinslast ver-
wendet wird, die sogenannte
Zinslastquote. Dieser Proz-
entsatz stieg in Kroatien von
4,14% im Jahr 2005 auf 8,16%
im Jahr 2015. Als Vergleich hi-
erzu bietet sich z.B. Slowenien
an. Die slowenische Staatsver-
schuldung stieg im selben
Zeitraum von 26% auf 83% des
BIP, also mehr als eine Ver-
dreifachung, die entsprech-
ende Zinslastquote allerdings
von 3,52% auf nur 6,59%. Somit
weist die slowenische Sta-
atsverschuldung eine deutli-
che günstigere Zinsstruktur als
die kroatische auf. Noch viel
deutlicher wird dieser Effekt,
wenn man sich Deutschland
anschaut. Von 2005 bis 2015
stieg zwar die deutsche Sta-
atsverschuldung von 66% auf
71% des BIP, die Zinslastquote
fiel aber im gleichen Zeitraum
von 6,46% auf 3,60%. Hier wurde
Dr. Schäuble seinem Ruf als
Dompteur der Finanzmärkte
nun wirklich gerecht.
Die Laufzeiten einzelner Sta-
atsanleihen sind weitestge-
hend standardisiert. So werden
für kurzfristige Finanzierungen
meist 1- oder 2-jährige Anlei-
hen, für mittelfristige 5-jährige
und für längerfristige 10jährige
Staatsanleihen begeben. Gr-
undsätzlich gilt, dass der Zins-
satz mit der Laufzeit der Anlei-
he steigt. Mit der Auswahl der
Laufzeiten steuert man aber
auch den Refinanzierungsbe-
darf für weit in der Zukunft
liegende Jahre. So macht es
einen großen Unterschied, ob
man 20 oder mehr Prozent
seiner Staatsschuld innerhalb
eines bestimmten Jahres neu
finanzieren muss oder ob man
die Rückzahlungsverpflichtun-
gen gleichmäßiger über einen
zukünftigen Zeitraumverteilen
kann.
Auch die Auswahl des Zeit-
punkts des Versuchs ein-
er Anleiheplatzierung kann
weitreichende Folgen haben.
Bekanntermaßen ist es auch
für
Privatleute
manchmal
besser eine Kreditanfrage bei
drohender Ablehnung recht-
zeitig zurückzuziehen, als
sich durch eine formelle, ab-
schlägige Kreditentscheidung
die eigene Bonitätsbewertung
zu vermasseln. Gleiches gilt
auch für Staaten. Konnte z.B.
Kroatien im März 2015 prob-
lemlos 1,5 Milliarden Euro zu
3% und 10 Jahren Laufzeit auf-
nehmen (4fach überzeichnete
Emission), ist eine ähnliche
Platzierung im Juni 2016 aufgr-
und der politischen Unsicher-
heiten im Lande grandios ges-
cheitert. Wie so oft ist Timing
alles.
Wie können Staaten ihre
Zinslast senken?
Natürlich zunächst einmal,
in dem sie Schulden zu-
rückzahlen, ohne sie neu zu
refinanzieren. Aber es gibt
auch politisch und wirtschaft-
lich realistischere Möglich-
keiten. Man kann nämlich alle
angesprochenen
kritischen
Punkte, die die Struktur der
Staatsschulden nach Währung,
ZINSLASTQUOTE IN KROATIEN
4,14%
8,16%
2005.
2015.