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CRONNECT MAGAZIN · 05/2016
ebenfalls ehemaligen Parte-
ichef Zoran Milanovic in ihrer
Legislaturperiode
maßlos
enttäuscht haben, es ist auch
ein
Vertrauensvotum
für
Andrej Plenkovic, dem seit
Mitte Oktober neuen Minis-
terpräsidenten des Lands.
Dem 46-jährigen ehemaligen
EU-Parlamentarier, der erst vor
fünf Jahren seine politische
Karriere begonnen hat, ist es
eindrucksvoll gelungen, sich
innerhalb weniger Monate an
die Spitze der HDZ wählen zu
lassen und gleichzeitig die
Bürger vom nur minimal ab-
geänderten Wahlprogramm zu
überzeugen. Genau dies hat die
Oppositionspartei SDP in der
Übergangszeit zwischen Selb-
stauflösung des Parlaments
und Neuwahlen gründlich ver-
schlafen und sich bereits als
sicherer Wahlsieger gefeiert.
Mit der erneuten Wahlnieder-
lage haben nun auch die So-
zialdemokraten einen längst
fälligen Veränderungsprozess
eingeschlagen. Den Weg dazu
hat ihnen der viele Jahre als
unantastbar geltende Zoran
Milanovic mit einem Rücktritt
als Parteichef geebnet. Die per-
sonellen und programmpoli-
tischen Veränderungen in den
beiden großen Parteien HDZ
und SDP könnte künftig inner-
halb der Bevölkerung zu etwas
führen, was bislang als unvor-
stellbar galt. Während bisher
die Stammwähler der jewei-
ligen politischen Lager aus
Enttäuschung lieber zu Hause
blieben, könnten sie künftig zu
Wechselwählern mutieren und
damit die Wahlbeteiligung wie-
der puschen.
Mit Premier Plenkovic und der
„neuen“ HDZ wissen die Wähler
jetzt jedenfalls wen oder was
sie haben. Plenkovic will
politische Stabilität, Rechtssta-
atlichkeit,
Wirtschaftswach-
stum und eine solidarische
Gesellschaft zu den Prioritäten
seiner Regierung machen. Er
versprach zudem, sich ver-
antwortungsbewusst mit der
kroatischen
Vergangenheit
auseinanderzusetzen.
Dazu
gehören unter anderem die
Zeit des Zweiten Weltkriegs
sowie die kommunistische
Nachkriegsregierung.
Jetzt
muss er sich beweisen und die
angekündigten Reformen ein-
leiten und Ergebnisse liefern.
Sein Führungsstil ähnelt dem
von Bundeskanzlerin Ange-
la Merkel. Er führt die HDZ in
Richtung politischer Mitte und
rechnet konsequent mit dem
rechten Parteienflügel ab. Wie
sich hingegen die große Op-
positionspartei verändert hat,
darüber können die Wähler in
vier Jahren wieder urteilen.
Und wenn wir schon beim The-
ma Wahlen sind, möchte ich
aus aktuellem Anlass etwas
loswerden. Global betrachtet
muss festgehalten werden,
dass Wladimir Putin, Recep
Tayyip Erdogan, Marine Le
Pen, AfD, Brexit und nun auch
Donald Trump keine Zufälle
der jüngsten Vergangenheit
und damit auch keine Überra-
schungen sind. In allen Fällen
hat immer das Volk gespro-
chen. Mit Wählerkritik muss
künftig definitiv anders umge-
gangen werden.
Alten geblieben. Wie schon zu
Jahresbeginn 2016 ist es auch
diesmal der christlich-kon-
servativen Partei HDZ zusam-
men mit der selbsternannten
Reformbewegung MOST ge-
lungen, die Regierung zu stel-
len. Nach der Selbstauflösung
des kroatischen Parlaments
(Sabor) im Juni haben die
vorgezogenen Neuwahlen am
11. September das Land noch
mehr gestärkt. Der Schritt zu
Neuwahlen war notwendig ge-
worden, weil Ministerpräsident
Tihomir Oreskovic Ende Juni
mit überwältigender Mehrhe-
it, unter anderem auch durch
seine eigene Regierungskoa-
lition, abgewählt worden war.
Die monatelange Krise war
durch
Korruptionsvorwürfe
gegen den mittlerweile ehe-
maligen
HDZ-Vorsitzenden
Tomislav
Karamarko
aus-
gelöst worden, der auch einer
der beiden stellvertretenden
Regierungschefs war. Auch
andere wichtige Posten in der
Regierung standen unter Dau-
erfeuer der Öffentlichkeit.
Dass die Bürger aber trotzdem
wieder mehrheitlich für die-
selbe Regierungsoption ges-
timmt haben, ist nur auf den
ersten Blick überraschend.
Es ist nicht nur ein klares Vo-
tum für Veränderungen, weil
die im vergangenen Jahr ab-
gewählten Sozialdemokraten
(SDP) unter dem mittlerweile
AUCH DER BREXIT
war nicht unbedingt
erwartet worden. Im
kleinen Kroatien war
das Wahlergebnis bei
den vorgezogenen
Parlamentswahlen
ebenfalls für
viele Beobachter
überraschend.
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